Redakteur der Heute mit FW-Taucher Unterwasser

Tagesaktuell

Das Wasser ist so trüb, dass ich meine Hand vor den Augen kaum sehe. Mit Feuerwehr-Tauchlehrer Jürgen Anzinger (40) bin ich, "Heute"-Reporter Armin Bach, im Linzer Felbermayr-Hafen (etwa 70 Meter lang, 20 Meter breit) in gut vier Metern Tiefe. 13 Grad Wassertemperatur.

Insgesamt gibt es bei der Berufsfeuerwehr Linz 24 Einsatztaucher und sechs Tauchlehrer. Im Jahr 2017 mussten die Taucher zu 13 Einsätzen ausrücken. Drei davon wegen Leichenbergungen, zwei wegen vermissten Personen und zwei wegen im Wasser treibenden Personen. Dazu kommen mehrere Fahrzeug- und Bootsbergungen. Einsatzgebiete der Berufsfeuerwehr sind u.a. die Donau, der Winter- und der Handelshafen, der Jaukerbach, die Traun, der Weikerlsee, der Pichlinger und der Pleschinger See.

Wie tief es genau ist, kann ich in dem Moment nicht feststellen, weil ich meinen Tauchcomputer nicht ablesen kann. Denn: Die Sicht ist gleich Null. Nur braune Brühe um mich herum.

Man muss sich das folgendermaßen vorstellen: Man ist mitten in einer Nebelbank. Und der Nebel ist so dicht, dass man zwar sehen kann, dass man eine Uhr am Handgelenk hat. Aber: Auch wenn man die Uhr direkt vors Gesicht hält, kann man die Zeit nicht ablesen.

Gemeinsam, Feuerwehr-Tauchlehrer Anzinger und ich, halten wir uns an der Dachreling eines roten Fords fest, den die Feuerwehr in dem Hafenbecken (wo die Traun in die Donau fließt) versenkt hat. Und den sollen die fünf neuen Taucher-Anwärter der Linzer Berufsfeuerwehr finden und bergen. In diesem Wasser? Bei dieser Sicht? Oder besser gesagt: Nicht-Sicht. Für mich unvorstellbar.

Für Driton Shala (26), Oliver Dobetsberger (24), Jörg Willnauer (27), Jakob Wiesinger (24) und Florian Obermüller (25) wird es allerdings ihr künftiger Job sein. Ein Jahr Ausbildung liegt hinter ihnen, die heutige Auto-Bergung ist ihr Abschluss-Tauchgang. Dann sind sie Einsatz-Taucher der Feuerwehr.

Begonnen hat alles mit einem Auswahlverfahren. Insgesamt 24 Taucher gibt es bei der Linzer Berufsfeuerwehr. Scheiden welche aus dem Tauchdienst aus (in der Regel ist das so ab einem Alter von Mitte/Ende 40), müssen neue Taucher nachkommen.

Wer sich bewirbt (aus der Einsatztruppe der Berufsfeuerwehr), wird erst zum Arzt geschickt. Alles wird durchgecheckt. Ist mit den Ohren alles in Ordnung, damit es später keine Probleme mit dem Druck unter Wasser gibt (pro zehn Meter Tiefe steigt der Druck um 1 bar an)? Sind die Bewerber fit genug für den Job? Und zwar körperlich und psychisch.

Denn, keine Frage, der Job kann auch zur psychischen Belastung werden. "Denn eine unserer Hauptaufgaben besteht im Grunde darin, Personen unter Wasser zu suchen oder Leichen zu bergen. Aber: Das wissen die Taucher. Dafür wurden sie ausgebildet", so Tauchoffizier Klaus Thallinger (54) von der Berufsfeuerwehr.

Die fünf neuen Feuerwehr-Taucher, die, an einem roten Seil hängend, jetzt das Hafenbecken nach dem Auto und den Insassen (zwei Stoffpuppen) absuchen, haben alles geschafft. Sie haben im Attersee in 40 Metern Tiefe trainiert, kennen sich mit der schlechten Sicht in der Donau aus und wie man hier Dinge am Grund finden und bergen kann. Und das bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit. Bei Hitze und Eis.

Ich bin jetzt schon ein paar Minuten unter Wasser. Und sehe noch immer nur Braun um mich rum. Dass uns die Taucher-Anwärter inzwischen gefunden haben (bzw. das Auto), bemerke ich erst, als mich Tauchlehrer Jürgen Anzinger an der Hand nimmt, um mit mir aus dem Gefahrenbereich zu tauchen. Damit das Fahrzeug geborgen werden kann.

Das funktioniert über zwei Ballone, die am Auto befestigt und dann mit Luft gefüllt werden. Durch den Auftrieb steigt der rote Ford nach oben.

Wir tauchen auch auf. Bleiben an der Wasseroberfläche. Neben dem Hafenbecken steht inzwischen ein Feuerwehrkran. Die Taucher befestigen dessen Haken an Gurten, so wird das Auto nach oben gehoben.

Einsatz erfolgreich abgeschlossen (darüber freuten sich auch Branddirektor Christian Puchner und Tauchlehrer a.D. Heli Brandstetter, die ebenfalls mit dabei waren). Auch die beiden Stoffpuppen wurden gefunden. Die Nachbesprechung findet dann im Trockenen statt: im Einsatzfahrzeug.

Beim Ausziehen meines Taucheranzugs und dem Wegräumen meines Equipments gratuliere ich den Jungs noch zum Abschluss ihrer Tauchausbildung. Sage ihnen, dass ich noch immer erstaunt bin, dass sie bei der schlechten Sicht überhaupt etwas finden konnten.

"Schlechte Sicht? Wieso? Gibt es auch eine andere?" fragt mich einer der neuen Taucher augenzwinkernd. "Für mich schon", sage ich (der normalerweise in den Salzkammergut-Seen oder im Meer taucht, wo es Sicht Ende nie gibt). Aber ich muss ja auch keine Autos finden und bergen.

 

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